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Zwischen September 1992 und November 1993 wurden im Belanglo State Forest in New South Wales, Australien, die Leichen von sieben Rucksacktouristen entdeckt. Die leblosen Körper waren allesamt mit dem Gesicht nach unten aufgefunden worden, die Arme auf dem Rücken verschränkt. Schnell wurde klar, dass es sich hier um die Taten ein und denselben Mörders handeln müsse.

 

Die Opfer

Im Dezember 1989 verschwanden die 19-jährigen James Gibson und Deborah Everist aus Frankston, Victoria, als sie zum ConFest reisten, einem Festival, das in der Nähe von Albury stattfand. Sie hatten ihr Hostel in Sydney verlassen und wollten per Anhalter weiterreisen. Gibsons Rucksack und Kamera wurden in der Galston Schlucht gefunden, doch die Ermittler fanden keinerlei weiteren Hinweise, die ihr Verschwinden erklären würden. Nur ein paar Monate später verschwand die 21-jährige deutsche Touristin Simone Schmidl auf ihrem Trip von Sydney nach Melbourne. Schmidls Schlafsack und Brille wurden im Mai desselben Jahres im Busch von Bright, etwa 200 Kilometer östlich von Wangaratta, gefunden.

Dann, zu Weihnachten 1991, verschwand ein deutsches Ehepaar, der 21-jährige Gabor Neugebauer und die 20-jährige Anja Habschied, nachdem sie per Anhalter von Sydney nach Darwin aufbrachen. Sie waren auf der letzten Etappe ihrer Rucksacktour durch Asien und Australien und freuten sich darauf, nach Hause zurückzukehren. Ihre Familien reisten nach Australien und suchten verzweifelt vier Wochen lang nach ihren Kindern. Weniger als vier Monate später, am 18. April 1992, verschwanden zwei britische Rucksacktouristen, die 21-jährige Caroline Clarke und die 22-jährige Joanne Walters. Sie hatten aus einem Hostel in Kings Cross ausgecheckt und anderen Gästen erzählt, dass sie vorhätten, per Anhalter nach Melbourne weiterzureisen.

 

Leichenfunde

Die ersten Leichen, die gefunden wurden, waren im September 1992 jene von Clarke und Walters, die letzten beiden Rucksacktouristen, die verschwunden waren. Die beiden jungen Frauen wurden von einem Wanderer tief im Busch des Belanglo State Forest entdeckt. Die Autopsien zeigten, dass Walters sexuell missbraucht und ihr dann mindestens zwölfmal in die Brust gestochen wurde, während Clarke aus nächster Nähe mehrfach in den Kopf geschossen wurde.

Im Oktober 1993 wurden die sterblichen Überreste von Gibson und Everist von einem Mann gefunden, der mit seinem Metalldetektor im zerklüfteten Gelände des Belanglo State Forest unterwegs war. Sie wurden weniger als einen Kilometer entfernt von dem Ort gefunden, an dem Clarke und Walters im Jahr zuvor entdeckt worden waren. Sie waren beide so brutal angegriffen worden, dass die Mordwaffe Rippen und Wirbelsäule durchtrennt hatte. Im darauffolgenden Monat wurde in der Nähe der Leichnam von Schmidl von Suchhunden aufgespürt. Auch ihr Körper wies unzählige Einstiche auf.

Einige Tage nach dem Fund von Schmidls Leiche wurden im selben Gebiet die leblosen Körper von Habschied und Neugebauer geborgen. Habschied war durch einen Schlag in den Nacken enthauptet worden; ihr Kopf wurde nie gefunden. Einige hundert Meter von der Leiche entfernt befand sich ein provisorisches Gerät, woran man jemanden fesseln konnte. Neugebauer wurde geknebelt, gewürgt und anschließend mit sechs Schüssen in den Hinterkopf hingerichtet worden.

 

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Ermittlungen

Der Polizei war klar, dass es sich in allen Fällen um ein und denselben Mörder handeln müsse. Alle Opfer waren nicht nur unter ähnlichen Umständen verschwunden und im selben Gebiet gefunden worden, sie waren auch alle zum Teil mit Ästen und Blättern überdeckt und mit dem Gesicht nach unten und den Händen hinter dem Rücken aufgefunden worden. Angst unter den Einheimischen entflammte, als die Rede von einem in der Gegend lauernden Serienmörder die Runde machte. Zu dieser Zeit war Australien als das Reiseziel für Rucksacktouristen bekannt, von denen viele von Ort zu Ort trampten. Die Polizei nahm an, dass der Mörder oder die Mörder Einheimischer war, der die abgelegene Gegend kannte. Außerdem wurde die Theorie verfolgt, dass alle Opfer beim Trampen mitgenommen und dann gegen ihren Willen in den Belanglo State Forest gebracht wurden.

Der stellvertretende Gerichtsmediziner von New South Wales, Peter Gould, informierte die Öffentlichkeit darüber, dass neben der Ermordung sehr wahrscheinlich eine Reihe der Opfer gefoltert und manche von ihnen sexuell missbraucht worden waren. Die Polizei glaubte nicht, dass die Morde finanziell motiviert waren, da kein Reisescheck der Opfer eingelöst und keine der Kreditkarten jemals verwendet wurden. Eine eigene Task Force war allein mit der Aufklärung des Falls beauftragt. Die Untersuchung wurde durch die Analyse von Satellitenbildern unterstützt, um die Straßen- und Gleisbedingungen zum Zeitpunkt der Morde zu bestimmen und herauszufinden, mit welchen Fahrzeugen die Opfer unterwegs wurden. Es wurde eine Belohnung von 500.000 US-Dollar für Informationen festgesetzt, die zur Identifizierung und Inhaftierung des oder der Mörder führen.

 

Dringender Tatverdacht

Im Mai 1994 erreichten die Ermittlungen einen Durchbruch, als der 49-jährige Straßenarbeiter Ivan Milat bei einer Razzia in seinem Haus in Eagle Vale festgenommen wurde. Milat wurde mit einem Angriff auf den 24-jährigen Paul Onions in Verbindung gebracht, der im November 1993 stattgefunden hatte. Onions war nach Muldura unterwegs, als er von Milat mitgenommen wurde. Nachdem Onions in Milats Fahrzeug eingestiegen war, richtete Milat eine Waffe auf ihn und behauptete, dass er ihn ausrauben wolle. Zum Glück gelang es Onions aus dem Fahrzeug zu fliehen und Milat eindeutig als den Angreifer zu identifizieren.

In Milats Haus fand die Polizei einen Schlagbolzen eines Gewehrs, das als Bestandteil derselben Waffe identifiziert wurden, die bei zwei der Backpacker-Morde verwendet worden war. Außerdem fanden die Ermittler Campingausrüstung, die jener der Opfer sehr ähnelte und Karten des Belanglo State Forest. Milat wurde daraufhin wegen siebenfachen Mordes sowie des versuchten Mordes an Onions und sechs Schusswaffendelikten angeklagt. Er bestritt, dass er an den Morden beteiligt gewesen war, und meinte sogar, von der Polizei als Täter inszeniert zu werden.

 

Gerichtsverhandlung und Verurteilung

Im März 1996 stand Milat vor Gericht. Der Prozess war mit 145 Zeugenaussagen und über 600 Fotos als Beweismittel sehr langwierig und komplex. Milats Verteidigung behauptete, dass jedermann sehen könne, dass die Mordserie nicht von Milat, sondern von jemand anderem aus seiner Familie begangen worden war. Sie stellten die Vermutung auf, dass Milats jüngere Brüder Walter und Richard die Mörder wären.

Die Staatsanwaltschaft lieferte jedoch Beweise, die die Waffe, mit der eines der Opfer getötet wurde, mit Milat in Verbindung brachte; die Pistole war in einem Versteck in seinem Haus gefunden worden. Eine Fülle von Indizien wurde vorgelegt, einschließlich der Tatsache, dass Milat an keinem der Tage, an denen die Opfer das letzte Mal lebend gesehen wurden, im Dienst gewesen war. Hinzu kam, dass eine Reihe von Gegenständen, die in Milats Haus sichergestellt wurden, während des Prozesses vorgelegt und von den Angehörigen der Opfer als jene identifiziert wurden, die jenen gehört hatten.

Letztlich stellte sich die Jury auf die Seite der Ankläger – Ivan Milat wurde der sieben Backpacker-Morde für schuldig befunden. Er erhielt sieben lebenslange Haftstrafen ohne die Chance auf Bewährung. Am 27. Oktober 2019 starb Ivan Milat an einer Krebserkrankung, während er seine Strafe im Long Bay Correctional Centre verbüßte. Er war 74 Jahre alt.

Serienmörder

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