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Der zweifache Mordfall rund um Lizzie Borden ist nach wie vor eines der bekanntesten Verbrechen der USA. Die Geschichte wurde bereits unzählige Male in der Populärkultur aufgegriffen. Die Tat zeigt, wie gesellschaftliche Strukturen einen scheinbar klaren Fall beeinflussen können.

 

Junge Jahre

Lizzie Borden, Tochter von Andrew Borden und Sarah Morse, wird am 19. Juli 1860 in Fall River, Massachusetts, geboren. Ihre neun Jahre ältere Schwester Emma verspricht ihrer Mutter am Sterbebett, dass sie sich um Lizzies Erziehung kümmert.

Der Vater der Töchter besitzt viele Grundstücke und Fabriken in Fall River, womit er sich zu einem wohlhabenden Bürger der Stadt emporgearbeitet hat. Trotzdem ist er sparsam und wohnt mit seiner Familie in eher bescheidenen Verhältnissen auf einem Anwesen in der Nähe der Fabriken der Stadt und nicht, wie in der höheren Schicht üblich, in den Hügeln fernab der Siedlungen der Arbeiterklasse.

Nur zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau Sarah heiratet Andrew die damals 37-jährige Abby. Lizzie und Emma behaupten bald, die neue Frau an seiner Seite würde nur an seinem Geld interessiert sein.

Lizzie, die mit der Zeit davon träumt, ihrer Schicht angemessen auch auf „den Hügeln“ zu wohnen, lässt ihren Vater immer häufiger wissen, dass sie von ihren Lebensumständen angewidert ist.

 

Die Morde

Am 4. August 1892 werden Andrew und Abby Borden auf dem Anwesen der Familie mit einer Axt am helllichten Tag ermordet. Abbys lebloser Körper wird in der zweiten Etage des Gebäudes entdeckt – jemand hatte sie mit 19 Axtschlägen in den Rücken umgebracht. Zwei Stunden später wurde auch Andrew im Erdgeschoss des Hauses mit 29 Axtschlägen ermordet.

Lizzie und das Dienstmädchen Bridget Sullivan sind die einzigen Personen, die in der Zeit ebenfalls anwesend waren. Lizzie entdeckt die Leichname, informiert das Dienstmädchen, das wiederum den Hausarzt der Familie zu Hilfe ruft.

Aufgrund der mittelklassigen Wohngegend der Familie sucht die Polizei zuerst im umliegenden Milieu nach dem Täter, doch ein unter Verdacht stehender Portugiese wird schnell wieder entlassen, da er seine Unschuld belegen kann.

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Ermittlungen

Da Sullivan kein Motiv für die Tat hat, wird Lizzie, die offenkundig gierig auf das Geld ihres Vaters war, zur Hauptverdächtigen. Es ist eine Zeit, in der die Abstammung eines Menschen, vor allem in den Augen der oberen Gesellschaftsschicht, sehr wichtig ist. So ist Lizzie davon angewidert, zum Verhör mit irisch stämmigen Polizisten gerufen zu werden. Auch die Presse erzählt zwei unterschiedliche Geschichten: Die irisch geführte Zeitung macht Lizzie zur Täterin, während sie jene der Oberschicht zum Opfer der Ermittler und der Justiz macht.

Lizzie verstrickt sich bei ihren Aussagen in Widersprüche. So will sie während der Morde in der Scheune gewesen sein, doch die unberührte Staubschicht am Boden belegt, dass sie lügt.

Fünf Tage nach dem Mord kommt es zur Anhörung von Lizzie Borden unter Eid. Der Hausarzt gibt an, er habe Lizzie zur Beruhigung Morphium gegeben, was zu unstimmigen Aussagen geführt haben könnte. Andere von Borden beauftragte Experten sehen keinerlei Beweise dafür, dass Lizzie die Morde begangen haben könnte – es fehle Blut auf ihrer Kleidung und die Tatwaffe.

 

Anklage unter Protest

Erst als eine Freundin Lizzies angibt, dass sie sie dabei beobachtet hätte, wie sie im Feuer ein mit braunen Flecken übersätes Kleid verbrannte, kommt es zur Anklage und zur Inhaftierung der wohlhabenden Borden. Insgesamt verbringt Lizzie zehn Monate im Bezirksgefängnis, was zu einem Aufschrei unter Frauen führt, die in der Zeit weder Stimmrecht noch Plätze in der Geschworenenjury inne hatten. Es kommt zu Protesten. Lizzie, die zum Tatzeitpunkt 32 Jahre alt, Lehrerin in der Sonntagsschule und unverheiratet war, wird als „Nonne“ bezeichnet, die nicht den klassischen Weg der Familiengründung einschlagen will sondern nach höherer Bildung strebt. So hätte sie es wie viele Frauen damals satt, von Männern unterdrückt zu werden. Nicht zufällig fällt die Gründung vieler der „Seven Sister Colleges“, historischer Frauencolleges, ins Ende des 19. Jahrhunderts. So wird Lizzie zur Figur einer Bewegung, für die sie eigentlich kein Interesse hatte.

Der Prozess beginnt und bereits nach einer Stunde wird das Urteil verkündet: Die Geschworenen ­– unter ihnen viele Männer mit Töchtern in Lizzies Alter – entscheiden, dass Lizzie Borden der Morde an Andrew und Abby Borden nicht schuldig ist. Im Gerichtsaal bricht Jubel aus. Die Staatsanwaltschaft trifft – wohlwissend, dass gerade die Mörderin freigesprochen wurde – die Wahl, den Doppelmord nicht weiter zu verfolgen.

Nur wenige Tage nach dem Freispruch zieht Lizzie mit ihrer Schwester Emma in „die Hügel“ und führt fortan – Dank des Erbes ihres Vaters – das Leben, das sie sich immer erträumt hat. Von den Bewohnern von Fall Rivers wird sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1927 geächtet.

 

Lizzie Borden in der Populärkultur

Der Fall Lizzie Borden wurde in der Populärkultur vielfach aufgegriffen. So gibt es einen Film, Songs, einen Kinderreim und Anspielungen auf das Verbrechen in vielen US-amerikanischen Serien, wie etwa bei den Simpsons.

Serienmörder

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