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Der Massensuizid in Jonestown, bei dem mehr als 900 Menschen ihr Leben ließen, hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Nicht nur ist seitdem der Satz „Don’t drink the Kool-Aid“ zu einem beliebten Ausdruck in der Pop-Kultur geworden. Auch das Thema Sekten und gefährliche Glaubensgemeinschaften sind immer mehr in den Fokus der Gesellschaft gerückt. Dabei steht eine Frage im Mittelpunkt: Wie konnte es so weit kommen?

 

Jim Jones

 

Jim Jones wurde 1931 unter dem bürgerlichen Namen James Warren Jones im US-Bundesstaat Indiana geboren. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, wobei extremer Glaube schon früh eine fundamentale Rolle in seinem Leben spielte. Bereits in jungen Jahren zeigte er eine Vorliebe für das Predigen und schloss sich verschiedenen religiösen Bewegungen, darunter der sogenannten Pfingstbewegung, an, aus der er jedoch zu Beginn der 50er Jahre ausgeschlossen wurde.

Zusammen mit seiner Frau, der vier Jahre älteren Krankenschwester Marceline Baldwin, zog Jones noch im gleichen Jahr nach Indianapolis. Dort trat er eine Pfarrstelle an und predigte liberale Ansichten. Bereits einige Jahre zuvor hatte er sich von den extremen Werten seines Vaters abgewandt und begonnen, sich für Rassengleichheit einzusetzen. Diese Einstellung kam in der neuen Gemeinde nicht überall gut an und Jones sah sich mit massiven Protesten konfrontiert, während denen unter anderem auch tote Tiere in die Kirche geworfen wurden.

Als Reaktion darauf gründete er 1955 eine eigene Glaubensgemeinschaft, die sich innerhalb nur eines Jahres zu einer richtigen Kirche unter dem Namen Peoples Temple entwickelte.

 

Peoples Temple

 

Die Kirche folgte dem Traum einer komplett gleichgestellten Gesellschaft, ohne die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe. Jones wollte in Harmonie und ohne Hass oder Gewalt leben. Damit sprach er vor allem Menschen an, die ihr Leben lang schon unterdrückt oder benachteiligt wurden. Um seine Ansichten noch weiter zu untermauern, adoptierten er und seine Frau sieben Kinder unterschiedlicher Herkunft.

In den folgenden Jahren baute Jones immer mehr einen Kult um seine eigene Person auf. Zu den Mysterien um ihn gehörten neben seiner angeblichen Fähigkeit des Gesundbetens auch das Gerücht, er habe indianische Vorfahren. Außerdem wuchs seine Paranoia: Jones glaubte, es würde bald einen Atomkrieg geben. Deswegen zog er 1965 schließlich mit 150 seiner treuesten Anhänger auf eine Farm in Kalifornien, die angeblich atomsicher war. 

Während dieser Periode nahm seine Popularität immens zu und innerhalb kürzester Zeit verdoppelte sich die Mitgliederzahl seiner neuen Kirche. Grund dafür war unter anderem, dass sie kostenlose Gesundheitstests und Kinderbetreuung anboten und sich die Rekrutierung von neuen Anhängern primär auf aus der Gesellschaft ausgestoßene Menschen fokussierte.

Mit der Zeit kreisten Jones’ Predigten zunehmend um das Thema Sexualität. Mehrfach wurde ihm von Verwandten von Sektenmitgliedern vorgeworfen, Frauen zu Sex verführt und geschwängert zu haben. 1973 wurde er sogar kurzfristig festgenommen, weil er angeblich einen Undercover-Agenten der Polizei zu homosexuellen Handlungen überreden wollte.

 

Jonestown

 

Weil der Gegenwind gegen seine Bewegung in Kalifornien immer größer wurde, begann Jones sich 1974 nach einer anderen Lösung für seine Sekte umzuschauen. Auf der Suche nach einem sicheren Ort im Falle eines Atomkrieges, war er bereits in den 60er Jahren einmal in dem südamerikanischen Land Guyana gewesen. Nun pachtete er dort ein 16 km2 großes Grundstück und ernannte das nach ihm als Jonestown getaufte Gebiet zum Gelobten Land. Hier würde es keine Rassendiskriminierung geben und eine neue und sozialistisch ausgerichtete Gesellschaft entstehen.

Jedoch war Jonestown viel mehr eine hermetisch von der Außenwelt abgeriegelte Siedlung und bewaffnete Wärter verhinderten, dass die Mitglieder flüchten konnten. Kontakt nach außen war strikt untersagt und im ganzen Einzugsbereich des Ortes waren Lautsprecher installiert, über die Jones seine Botschaften verkündete. Falls er selbst einmal nicht sprach, wurden Aufnahmen von seinen Predigten abgespielt und so war die Bevölkerung von Jonestown einer dauerhaften Beschallung aus Mantras und Propaganda ausgesetzt. 

Die Siedlung war ursprünglich für 300 Personen ausgelegt. Mit der Zeit trafen jedoch immer mehr Anhänger ein und das Leben wurde zunehmend hart für alle Bewohner. Fieber- und Durchfallepidemien traten auf und die gesunden Mitglieder mussten hart arbeiten, um alle mit Nahrung versorgen zu können. Um Ordnung zu halten, wurden angebliche Straftäter in Käfige gesperrt oder mit Drogen ruhiggestellt.

 

Der Massensuizid

 

Wegen der unzumutbaren Verhältnisse in dem Lager, wurden die Angehörigen mancher Sektenmitglieder aufgeschreckt. Sie versuchten, über die Behörden in den USA Hilfe zu erhalten. 1978 besuchte schließlich der Kongressabgeordnete Leo J. Ryan zusammen mit mehreren Beratern und Journalisten die Siedlung, um sich selbst ein Bild zu machen. Jones versuchte krampfhaft, seinen Traum einer neuen und glücklichen Gesellschaft aufrecht zu erhalten, doch 16 Bewohner vertrauten sich dem Politiker an und baten ihn, sie mit nach Hause zu nehmen. 

Nach einer Messerattacke auf Ryan versuchte die Delegation, zusammen mit den 16 Mitgliedern, abzureisen, wurden jedoch kurz vor Erreichen ihres startbereiten Flugzeugs von einer bewaffneten Gruppe angegriffen. Dabei wurden drei Journalisten, ein Kameramann, drei der Aussteiger und Ryan tödlich verletzt.

Noch am gleichen Tag rief Jones seine Anhänger über das Lautsprechersystem dazu auf, sich zu versammeln. Im Anschluss predigte er, dass sie nicht in Ruhe leben könnten und deswegen zumindest in Frieden sterben sollten. Im Anschluss wurden Becher mit dem Getränk Kool-Aid verteilt, dem eine Mischung aus Valium und der tödlichen Substanz Zyankali untergerührt worden war.

Einige der Mitglieder versuchten zu fliehen, wurden jedoch von den Wachen erschossen. Lediglich fünf Menschen gelang es, der Tragödie zu entkommen. Insgesamt starben an diesem Tag 909 der 1.110 Mitglieder. Darunter befanden sich auch 276 Kinder.

Jones selbst kam durch einen Kopfschuss ums Leben. Ob er Selbstmord beging oder getötet wurde, ist bis heute unbekannt. 

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