In dem 1993 erschienenen Actionthriller „In the Line of Fire – Die zweite Chance“ beschließt ein durchgeknallter ehemaliger CIA-Agent den Präsidenten zu töten. Der Möchte-gern-Mörder (gespielt von John Malkovich) baut sich eine Pistole aus Plastik. Mit ihr kann er sich unbemerkt an den Metalldetektoren vorbeischleichen und kommt sehr nah an den Präsidenten heran und schafft so die Voraussetzungen für den erschütternden Höhepunkt.

Heutzutage haben Leute, die sich eine Waffe selbst bauen wollen, Quellen im Internet gefunden und stechen so direkt ins Wespennest der legalen und ethischen Veränderungen.

Im Mai 2013 provozierte die Firma „Defense Distributed“ die Befürworter der Reglementierung von Waffenbesitz, indem sie offene Quellendateien für „the Liberator“ veröffentlichten, eine funktionierende Ein-Schuss-Pistole. Über Nacht konnten sich User plötzlich eine dreidimensionale Ein-Schuss-Pistole mit ein paar Klicks runterladen und „ausdrucken“.

Die Bundesbehörden bemühten sich eilig diese technische Entwicklung zu unterdrücken. Das US-Außenministerium forderte von der Firma, die Pläne zwei Tage nach Veröffentlichung von ihrer Webseite zu nehmen und warnte vor einer möglichen Verletzung des Waffenausfuhrgesetzes. Die Firma gab nach, aber mehr als 100.000 Personen auf der ganzen Welt hatten schon die Dateien heruntergeladen.

Wochen später sandte das Heimatschutzministerium der Vereinigten Staaten ein Memorandum an die Staats- und Bundespolizei, in dem sie davor warnten, dass es „wegen des Datenaustausches öffentliche Sicherheitsrisiken von unqualifizierten Waffensuchern geben könnte, die 3-D-gedruckte Waffen erhalten oder hergestellt haben.“ Zusätzlich zu der Besorgnis des Ministeriums bezüglich der einzigartigen Fähigkeit des „Liberators“, Metalldetektoren zu umgehen, endete das Memo mit der Aussage, dass begrenzter Zugang möglich sei.“

Aber Cody Wilson, Direktor von Defense Distributed, sagt, dass es vor allem Hysterie um die hergestellte Waffe gibt.

„Es ist praktisch für unsere Widersacher: Sie prangern an, dass dieses Ding in ein Flugzeug geschmuggelt werden kann und es niemand mitkriegen würde“, so Wilson, 29, ein selbsternannter Krypto-Anarchist, der mit seinen bewusst provokativen Aussagen zum Thema Waffenrecht und Gewalt Medienaufmerksamkeit erhalten hat. (Das WIRED Magazin zählt ihn zu einem der 15 gefährlichsten Menschen der Welt.) Aber er fügt hinzu, dass die nicht aufspürbare Art der Waffe ein „historischer Fehler“ ist.

„Es war nicht meine Hoffnung, dass Waffen komplett aus Plastik sein werden. Wir haben nur demonstriert, dass eine neue Technologie eine Waffe herstellen könnte“, sagt Wilson, der sich auch an BitCoin Startups versucht.

3-D-Drucker funktionieren durch einen Prozess, der generative Fertigung genannt wird. Mit Hilfe eines Computers werden Objekte in Schichten angefertigt. Wilsons Pistole wurde mit einem Stratasys Dimension SST 3-D-Drucker gedruckt, den Wilson Second-Hand für „ungefähr 10.000 Dollar“ erstanden hatte – für einen Preis, den viele für sehr hoch halten.

Aber, wie es häufig mit neuer Technologie ist, gingen die Preise schnell nach unten. 2015 entwickelte der Ingenieur James Patrick den Washbear-Revolver: Diese Waffe lässt sich auf dem XYZprinting da Vinci drucken, einer Maschine, die derzeit bei Amazon 347 Dollar kostet.

In einer schriftlichen Erklärung sagte ein Sprecher der US-Sicherheitsbehörde für Alkohol, Tabak, Schusswaffen und Sprengstoff (AFT) A&E Crime, dass Einzelpersonen Waffen für den Privatgebrauch machen dürfen, obwohl sie eine Lizenz erwerben müssen, um sie zu verkaufen. Zudem ändert sich nichts „bezüglich der Tatsache, dass sie weiterhin den Bundesbestimmungen nachkommen muss, nur weil eine Waffe mit einem 3-D-Drucker gedruckt wird. Für 3-D-gedruckte Waffen beinhaltet das die Bedingung, Material bei der Waffe zu verwenden, durch das sie bei Metalldetektoren erkennbar ist, um dem „Undetectable Firearms Act“ von 1988 nachzukommen.

Wilson sagt, dass sein Liberator vorne ein Fach vorsieht, in das Nutzer einen Metallblock einsetzen können, um dem Gesetz zu entsprechen. Aber er gibt zu, dass die Waffe auch funktionieren würde, wenn der Nutzer kein Metall einsetzt.

„Der Metallblock ist sehr klein“, sagt er. „Das ist absichtlich so.“

Es ist unklar, wie viel Ärger 3-D-Waffen in Zukunft bei Sicherheitsbemühungen darstellen werden. Während es unmöglich ist, die Ausbreitung der wenigen zugelassenen – wenn sie das überhaupt sind - genau zu verfolgen, ist es ebenfalls nicht klar, ob sie als Gefahr auf den Straßen stärker geworden sind. Das New York Police Department sagt, dass die „große Menge“ an Waffen, die sie bergen, nicht in die Kategorie der selbstgemachten oder 3-D-gedruckten Waffen fallen.

Letzten August wurde ein Passagier bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen Reno-Tahoe International mit einer 3-D-gedruckten Pistolenkopie im Handgepäck erwischt. Als die Sicherheitsbehörde gefragt wurde, wie die Existenz dieser Pistolen ihre Arbeit in Zukunft beeinflussen wird, sagte ein Sprecher der Behörde, dass sie schon nach illegalen Dingen -  „metallen und nicht-metallen“ – suchen. Dabei wird eine „abbildende Technologie“ benutzt, um Objekte aufzuspüren, die unter der Kleidung versteckt sind.

Während andere Sicherheitsteams (wie zum Beispiel solche bei großen Sportevents oder Konzerten) nicht die gleiche Technologie haben, wurde aber bisher noch niemand mit einer 3-D-gedruckten Waffe getötet oder verletzt.

Noch nicht.

Das unterdrückt aber nicht die Debatte. Defense Distributed hat das US-Außenministerium wegen des Verbots ihrer 3-D-Dateien verklagt. Sie argumentieren, dass der Befehl, die Dateien zu entfernen, eine Verletzung ihrer Meinungsfreiheit sei.

Im Februar letzten Jahres reichte die Brady Campaign to Prevent Gun Violence, eine Non-Profit-Organisation, die die Waffenkontrolle befürwortet, eine Äußerung Dritter ein, um die Bemühungen des Außenministeriums zu unterstützen. Jonathan Lowry, der Direktor des Projekts dieser Kampagne für ein Gerichtsverfahren, sagte damals, dass „dieser Fall nur zeigt, wie weit die kommerzielle Waffenlobby gehen wird – sie kämpfen für ein angebliches Recht, Pläne für jedermann ausgeben zu dürfen, so dass jeder auf der Welt eine Angriffswaffe oder eine nicht feststellbare Plastikwaffe drucken, verkaufen oder benutzen kann.“

Aber Wilson sagt, dass er bisher keine Unterstützung von der kommerziellen Waffenlobby erhalten hätte.

„Die NRA (National Rifle Association of America) muss wegen all ihrer Nachrichten eng mit Exekutivorganen zusammenarbeiten“, sagt er. „Wir machen mehr Ärger als wir müssten... Sie werden keine unserer Bemühungen unterstützen.“

Ein Sprecher der NRA antwortete nicht sofort auf unsere Anfrage, die Position der Organisation zu kommentieren in Bezug auf Defense Distributed und 3-D-gedruckte Waffen.

Unterdessen sagt Wilson, dass seine Organisation sich in den letzten Jahren von Software auf Hardware spezialisiert hat. Heutzutage konzentriert er seine Bemühungen darauf, die Ghost Gunner 2 abzusetzen – eine Desktop-Fräse, die „auf der 3-D-Druck-Logik aufbaut“, wie er sagt. Die Ghost Gunner 2 arbeitet mit Metall, was bedeutet, dass diejenigen, die sich die Hardware kaufen, eine nicht aufspürbare Waffe zusammenbauen können, die Militärqualität hat.

„Ich glaube nicht an die Registrierung von Schusswaffen, genauso, wie ich nicht an die Registrierung von Computern glaube“, sagt Wilson. „Ich glaube nicht an Hintergrundüberprüfungen. Ich glaube an universellen Zugang.“

Laut Brendan Kelly, Sprecher der Brady Campaign, unterstützen 93 Prozent der Amerikaner – darunter Waffenbesitzer –Hintergrundüberprüfungen. „Es hat keine Bedeutung, ob eine Waffe von einem Händler kommt oder von einer Waffenschau, ob sie online gekauft wurde oder aus einem 3-D-Drucker kommt“, sagt Mr. Kelly. „Nationale Täter, Verbrecher und andere gefährliche Personen sollten nicht die Möglichkeit bekommen, eine Waffe in die Hände zu kriegen. Und Brady-Hintergrunduntersuchungen sind eine der besten Möglichkeiten dafür.“

Als Wilson gefragt wird, was er denen sagen würde, die direkt mit Waffengewalt zu tun hatten, ist er unerschrocken.

„Ich akzeptiere Gewalt als politische Methode“, sagt Wilson, immer ganz Provokateur.