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Seit April 2025 bietet der neue Podcast von Crime + Investigation Hintergründe zu schockierenden Fällen der Kriminalgeschichte zum Anhören. Im Interview sprechen die beiden Hosts des Crime + Investigation Podcast, Antje Nicolai und Markus Kästle, über ihre Arbeit im Tonstudio, über die Popularität von Podcasts und über das Genre True Crime.
 

Wie läuft die Arbeit im Studio ab, wenn ihr den Crime + Investigation Podcast aufnehmt?

Antje Nicolai: Markus Kästle und ich nehmen unsere Parts jeweils getrennt auf. Da ich die Texte auch redigiere, kenne ich die Fälle schon, wenn ich ins Studio komme. Matthias Pletz von Media Carrots übernimmt neben der Produktion auch die Tonregie. Wir arbeiten schon sehr lange zusammen, daher fühle ich mich bei ihm als Sprecherin sehr gut aufgehoben. Ihm fällt jede Unstimmigkeit sofort auf, so kann ich mich voll und ganz auf die Geschichte konzentrieren.

Markus Kästle: Durch das getrennte Aufnehmen kann man sich selbst total auf den Text konzentrieren und hat als Sprecher keine Leerläufe. Das hat enorme Vorteile. Ich bereite mich vorher intensiv auf die Geschichte vor, lese alles genau durch und überlege mir, welche Stimmung ich vermitteln will. Beim Aufnehmen habe ich auch schon die passende Musik im Ohr, so stellen wir sicher, dass die Stimmung und auch das Tempo passen.
 

Was hat euch dazu inspiriert, an diesem True-Crime-Podcast mitzuarbeiten?

Antje Nicolai: True Crime ist seit vielen Jahren sehr erfolgreich, aber dieses Format ist durch seine Erzählweise besonders. Mir hat die Idee eines Podcasts, der ruhig und stimmungsvoll erzählt wird, sofort gefallen.

Markus Kästle: Mich hat vor allem die besondere Erzählweise angesprochen: ruhig, respektvoll und sehr atmosphärisch. Es geht hier nicht um Sensation, sondern um die Menschen hinter den Fällen – Opfer, Angehörige, Ermittler. Diese Ernsthaftigkeit und der Fokus auf die Geschichte waren für mich ausschlaggebend, mitzumachen.
 

Was unterscheidet diesen True-Crime-Podcast von anderen?

Antje Nicolai: In erster Linie sind natürlich die Fälle sehr spannend – darunter auch einige besonders tragisch und schockierend. Aber der Podcast gibt auch einen intensiven Einblick in die Polizeiarbeit. Oft dauert es Jahre, bis ein Fall aufgeklärt werden kann – manche sogar nie. Wir erzählen sie mit einer Timeline, die verdeutlicht, wie lange die Familien und Freunde der Opfer zum Teil mit der Ungewissheit leben müssen, was ihren Lieben passiert ist.

Markus Kästle: Ich finde, wir geben den Geschichten Raum. Es wird nichts überhetzt oder dramatisiert – stattdessen folgen wir dem echten Verlauf der Ermittlungen, oft über viele Jahre hinweg. Man bekommt nicht nur mit, was passiert ist, sondern auch, wie mühsam und detailversessen Polizeiarbeit sein kann. Dieser Blick hinter die Kulissen ist etwas, das viele True-Crime-Formate nicht in dieser Tiefe bieten.
 

Crime + Investigation Podcast

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Gibt es einen Fall, der euch besonders bewegt hat?

Antje Nicolai: Der Fall der Menendez-Brüder ist natürlich spektakulär. Was sie wirklich zum Mord an ihren Eltern bewegt hat, wird vielleicht nie ans Licht kommen. Sie sitzen seit 1990 im Gefängnis und sorgen heute noch für Schlagzeilen. Jetzt soll das Strafmaß neu verhandelt werden. Ich bin sehr gespannt, ob sie jemals wieder freikommen. Ein Fall, der mich aber besonders bewegt hat, ist der des französischen Au-Pair-Mädchens Sophie Lionnet. Sie hat für ein Paar in England gearbeitet und wurde von ihnen gefoltert und ermordet. Sie war zu schüchtern, um sich Hilfe zu holen, und niemand hat, trotz ihres offensichtlich schlechten Zustands, die Behörden eingeschaltet.

Markus Kästle: Für mich als Sprecher ist dies ganz klar der Menendez-Fall, weil ich hier schauspielerisch aus der Perspektive des Vaters und auch der Brüder in einem direkten Interviewformat spreche. Das war teilweise inhaltlich sehr heftig, aber als Sprecher auch eine Herausforderung, der man sich gerne stellt.
 

Was, glaubt ihr, fasziniert so viele Menschen an True Crime?

Antje Nicolai: Es sind die menschlichen Abgründe und die Umstände, die zu einem Mord führen. Viele Ermittler und Kriminalpsychologen sagen, dass jeder von uns zum Mörder werden kann. Wir wollen das natürlich nicht wahrhaben, weil es jenseits unserer Vorstellungskraft liegt. 

Eine Person, die das ultimative Verbrechen begeht und sich so über jede Moral hinwegsetzt, übt natürlich eine gewisse Faszination aus und jagt uns Schauer über den Rücken. Menschen haben sich schon immer gerne gegruselt. Aber die Vorstellung, dass ein Mörder unter uns, vielleicht sogar direkt nebenan lebt, ist fast noch gruseliger als eine Figur aus einem Horrorfilm.

Markus Kästle: Vielleicht fasziniert True Crime viele Menschen, weil es reale Geschichten sind, in denen sich das ganze Spektrum menschlichen Verhaltens zeigt. Es geht um Schicksale, Entscheidungen, Zufälle – und oft um ganz alltägliche Situationen, die kippen. Diese Mischung aus Realität und Tragik macht es schwer, wegzuhören. Und irgendwo spielt auch die Frage mit: „Wie hätte ich in dieser Situation reagiert?“
 

Was macht das Medium Podcast eurer Meinung nach so interessant, dass es seit einigen Jahren eine Renaissance erlebt?

Antje Nicolai: Als Kinder haben wir es geliebt, wenn uns unsere Eltern vorgelesen oder Geschichten erzählt haben. Podcasts erzählen Geschichten – und ich freue mich, wenn wir als Vorleser für große Kinder fungieren dürfen.

Markus Kästle: Ich habe ja viele Jahre lang im Radio moderiert. Damals hieß es immer: Werdet kürzer. Mich freut es sehr, dass dies in unserer heutigen Zeit nicht mehr gilt. Für jedes Thema gibt es mittlerweile Podcasts, die sich Zeit lassen, Nähe schaffen und eine ganz eigene Klangwelt aufbauen. Nur zu hören regt auch unglaublich die Fantasie an. Es ist wie das Lesen (oder Vorlesen) eines guten Buches. Es fesselt auf eine ganz andere Weise als der audiovisuelle Input. Diese Einkanaligkeit bietet in unserer hektischen Welt einen unglaublichen Vorteil – Fokus auf das Wesentliche.

 

Alle zwei Wochen mittwochs erscheint eine neue Folge des Crime + Investigation Podcasts