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Juana Barraza (geb. 1957) war eine schillernde Figur: Die Mexikanerin war bereits als professionelle Wrestlerin bekannt, doch berüchtigt wurde sie als „La Mataviejitas“ („Die Alte-Frauen-Mörderin“), die später zu 759 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Der erste Mord, der „Mataviejitas“ zugeschrieben wird, wurde auf die späten 1990er Jahre datiert. Doch in den folgenden Jahren, soll sie noch viele weitere Morde an älteren Frauen in Mexiko-Stadt begangen haben. Die Behörden und die Presse haben verschiedene Schätzungen über die Gesamtzahl der Opfer abgegeben, wobei die Schätzungen zwischen 24 und 49 Todesopfern liegen.

Ihr Fall sorgte jedoch auch für große mediale Aufmerksamkeit: Es gibt mehrere mexikanische TV-Filme über sie und auch der bekannten Serie „Criminal Minds“ diente Barrazas Fall als Vorlage.

 

Barraza wurde 1957 im ländlichen Hidalgo, Mexiko, geboren. Ihre Eltern waren Trinidad Barraza, ein Polizeibeamter, und Justa Samperio, eine alkoholabhängige Prostituierte. Die Mutter verließ den Vater ihrer Tochter jedoch bald und begann eine Beziehung mit Refugio Samperio, einem verheirateten Mann, der zulgeich auch Justas Stiefvater war. Als Kind sollte Juana Barraza nie lesen lernen und hatte generell eine mehr als schwierige Beziehung zu ihrer Mutter. Im Alter von zwölf Jahren vermittelte ihre Mutter sie zum ersten Mal an einen Mann namens José Lugo, angeblich im Gegenzug für drei Biere. Lugo missbrauchte Juana vier Jahre lang und schwängerte sie; die Schwangerschaften endeten jedoch mit Fehlgeburten. Nachdem ihre Mutter gestorben war ging Juana schließlich nach Mexiko-Stadt. Dort durchlebte sie mehrere gescheiterte Ehen. Sie hatte insgesamt vier Kinder, wobei ihr ältester Sohn bei einer Bandenschießerei starb.

Vor ihrer Verhaftung tourte Barraza als professionelle Wrestlerin unter dem Namen „La Dama del Silencio“ („Die Dame des Schweigens“ oder „Die stille Dame“) in den 1980er und 1990er Jahren durch Zentralmexico. Nach der Geburt ihres vierten Kindes 1995, begann sie aus Geldnot heraus in Geschäften zu stehlen und ging später sogar dazu über in Häuser einzubrechen. Gemeinsam mit einer Freundin, Araceli Tapia Martínez, heckte sie einen Plan aus um insbesondere ältere Menschen zu bestehlen. Sie verkleideten sich als Krankenschwestern und verschafften sich so Zugang zu den Häusern älterer, alleinlebender Menschen, um sie so auszurauben.

Im Jahr 2000 musste sich Barraza schließlich ganz vom Wrestling zurückziehen, was ihre finanzielle Situation erheblich verschlechterte.

 

Ab 1998 schienen brutale Morde an älteren Menschen in Mexiko-Stadt zuzunehmen. In der Presse führte dies zu Spekulationen über einen Serienmörders namens „El Mataviejitas“ (Der Artikel „el“ deutet darauf hin, dass man zunächst von einem männlichen Täter ausging.). Die Polizei bestritt jedoch jedwede Verbindung zwischen den Morden und eine Reihe von Personen wurde für einige der Verbrechen inhaftiert.

Wie man später herausfand, waren alle von Barrazas Opfern Frauen im Alter von 60 Jahren und älter, meist alleinstehend. Sie erschlug oder erwürgte ihre Opfer und raubte sie anschließend aus. In einer Reihe von Fällen gab es jedoch auch Beweise für Missbrauch.

Barrazas erstes nachgewiesenes Opfer war María de la Luz González Anaya. In ihrer Wohnung machte González wohl Bemerkungen, die Barraza als abwertend empfand; sie war darüber wütend und verprügelte González, bevor sie sie mit bloßen Händen erwürgte. Barraza tötete wohl erst wieder nach drei Monaten und man spekuliert darüber, dass sie möglicherweise erst durch die bereits existierende Geschichten über „Mataviejitas“ dazu inspiriert wurde, es wieder zu tun.

Danach stiegen die Verbrechen weiter sprunghaft an. Bis 2003 hatte die Polizei genügend Beweise und Zeugenaussagen gesammelt, um zu der Annahme zu gelangen, dass es sich um einen Serienmörder handeln musste – „eine große Person mit groben Zügen“, die sich als Krankenschwester der Stadtverwaltung oder Sozialarbeiterin ausgab, um das Vertrauen der Opfer zu gewinnen.

Bernardo Bátiz, der leitende Staatsanwalt, beschrieb den Mörder zunächst als „einen brillanten Verstand, der ziemlich klug und vorsichtig ist“ und wahrscheinlich schlug er erst zu, nachdem er bereits eine Zeit lang das Vertrauen eines beabsichtigten Opfers gewonnen hatte. Die ermittelnden Beamten vermuteten darüber hinaus, dass sich der Täter als Regierungsvertreter ausgab, um sich für diverse Sozialprogramme anzumelden. Doch die Suche nach Barraza wurde durch widersprüchliche Beweise immer wieder erschwert.

Mitte 2005 begann Barraza eine Beziehung mit dem Taxifahrer José Francisco Torres Herrera, „El Frijol“ („Die Bohne“) genannt, der zu ihrem Komplizen wurde. Die Angriffe nahmen an Umfang und Häufigkeit zu und sie fanden anstatt tagsüber nun nachts statt. Die Ermordung der 82-jährigen Carmen Camila González Miguel am 28. September 2005, einer Frau aus der Oberschicht und Mutter des prominenten mexikanischen Kriminologen Luis Rafael Moreno González, veranlasste die Polizei dazu, eine spezielle Operation unter dem Namen „Operación Parques y Jardines“ („Operation Parks und Gärten“) zu starten. Die Polizeipatrouillen wurden verstärkt, Flugblätter, die älteren Menschen rieten, sich vor Fremden in Acht zu nehmen, wurden verteilt, zusammen mit neuen Phantombildern und die Polizei engagierte sogar ältere Frauen, die als Köder in Parkanlagen fungierten.

Die Behörden wurden dabei immer wieder heftig von den Medien kritisiert, weil sie noch im Sommer 2005 Hinweise auf einen Serienmörder in Mexiko-Stadt als bloße „Mediensensationen“ abgetan hatten. Kurz nachdem sie die „Operación Parques y Jardines“ in Gang gesetzt hatte, zog die Polizei weitere Kritik auf sich, indem sie eine komplette Razzia gegen die transvestitischen Prostituierten der Stadt startete. Man ging davon aus, dass der Täter ein in Frauenkleidern verkleideter Mann gewesen sein muss.

 

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Ein wichtiger Durchbruch in dem Fall „Mataviejitas“ ereignete sich Anfang 2006, als eine verdächtige Person auf der Flucht aus dem Haus des letzten Opfers des Serienmörders, Ana María de los Reyes Alfaro, ertappt wurde.

Zur Überraschung vieler war der festgenommene Verdächtige eine Frau – und zwar Juana Barraza, die als ehemalige Wrestlerin „The Silent Lady“ wohl bekannt war. Die Polizei musste nun zugeben, dass Barraza den Fahndungsskizzen des Mörders stark ähnelte – mit kurzgeschnittenen, blond gefärbten Haaren und einem Leberfleck im Gesicht und sie trug ein Stethoskop, Rentenformulare und einen Ausweis, der sie als Sozialarbeiterin ausgab, bei sich als sie festgenommen wurde.

Barrazas Fingerabdrücke konnten direkt mit mindestens 10 der über 40 Morde, die dem Mörder „Mataviejitas“ zugeschrieben wurden, in Verbindung gebracht werden. Die Wrestlerin soll daraufhin den Mord an Alfaro und drei weiteren Frauen gestanden haben, bestritt jedoch die Beteiligung an allen anderen Morden.

2008 wurde Barraza für dreißig Morde angeklagt und in sechzehn Fällen für schuldig befunden, darüber hinaus noch für zwölf Raubüberfälle. Sie wurde insgesamt zu 759 Jahren Gefängnis verurteilt. Da die von mexikanischen Gerichten verhängten Strafen in der Regel gleichzeitig verbüßt werden, beträgt die Höchststrafe nach mexikanischem Recht 60 Jahre. Doch Barraza soll trotzdem im Jahr 2058, im Alter von 100 Jahren, auf Bewährung entlassen werden.

Die Berichterstattung der Presse zum Fall „Mataviejitas“ änderte sich drastisch, nachdem Barraza verhaftet wurde. Während der mutmaßlich männliche Mörder immer wieder als „sehr intelligent“ bezeichnet und mit dem amerikanischen Serienmörder Ted Bundy verglichen wurde, wurde Barraza stattdessen nun als „krank“ oder „gestört“ betitelt und mit Aileen Wuornos verglichen.

Der mexikanische Produzent Pedro Torres brachte ihre Geschichte 2010 in einer Episode der mexikanischen Fernsehserie „Mujeres Asesinas“ („Mörderische Frauen“) ins Fernsehen. (Die Folge heißt „Maggie, Pensionada“.)

Zudem wurde die Person Barraza unter anderem auch in der Dokumentation „Instinto Asesino“ („Killerinstinkt“) hervorgehoben, die 2010 auf Discovery en Español ausgestrahlt wurde. Die Episode trug den Titel „La Mataviejitas“.

Obwohl Barraza in der bekannten Serie „Criminal Minds“ nie direkt erwähnt wurde, scheint sie auch hier Inspiration für mehrere Episoden gewesen zu sein.

 

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