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Seit über 36 Jahren gilt der Fall der jugendlichen Frederike von Möhlmann als ungelöst. Ihr Vater kämpft bis heute für die Gerechtigkeit seiner Tochter. Eine neue Gesetzgebung des Koalitionsvertrags 2018 könnte ihm endlich dabei helfen.

 

Mordfall Frederike

4. November 1981: Mit nur 17 Jahren wurde Frederike von Möhlmann in der Nähe von Celle auf ihrem Heimweg umgebracht.

Eigentlich brauchte die Schülerin nach einer Chorprobe nur eine Mitfahrgelegenheit in ihr Heimatdorf Hambühren. Vier Tage später wurde sie vergewaltigt und durch elf Messerstiche und einen Kehlenschnitt ermordet in einem Waldstück gefunden. Ismet H., damals 22 Jahre alt, fuhr einen Wagen, dessen Reifen zu den Spuren auf dem Waldboden nahe des Tatorts passten. Fasern der Sitze wurden an Frederikes Kleidung gefunden. Ein Alibi konnte der Verdächtige ebenfalls nicht vorweisen. Für das Landgericht schien der Fall klar: Ismet H. wurde zu lebenslänglicher Haft wegen Mordes verurteilt. Ergänzenden Untersuchungen eines Reifensachverständigen nach stimmten die Fahrzeugspuren jedoch nicht überein und die Zweifel in der Schuldfrage überwiegten letzendlich. Der Bundesgerichtshof revidierte das Urteil und die Haftstrafe wurde aufgehoben. Bis heute ist kein Täter im Mordfall der Frederike von Möhlmann gefunden worden.

Fortgeschrittene Kriminaltechnik bringt endlich den eindeutigen Beweis

Noch vor über 36 Jahren war es nicht möglich, die fremden DNS-Spuren an Frederikes Unterwäsche zuzuordnen, doch 2012 gelang es Forensikern die Schuld des damals freigesprochenen Verdächtigen zu beweisen. Das Gutachten ist im Nachhinein jedoch wertlos, da das Strafgesetzbuch festlegt, dass die „Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zuuungunsten des Angeklagten“ unzulässig ist. Das bedeutet, dass ein gerichtlich abgeschlossener Fall nicht erneut aufgenommen werden kann, um einen Freigesprochenen mit neuen Beweisen zu belasten und noch einmal anzuklagen. Ausnahmen hierfür sind nur Urkundenfälschungen, falsche Zeugenaussagen, Beeinflussung durch einen Richter oder Schöffe oder ein glaubwürdiges Geständnis des Freigesprochenen. Neue Beweise reichen hierfür nicht aus. Dieses Gesetz soll zuvor Angeklagte davor schützen auch nach einem Freispruch eine Gefängnisstrafe befürchten zu müssen.

Vater des Opfers kämpft weiter für Gerechtigkeit

In den Jahren der Ungewissheit beschäftigt sich Hans von Möhlmann, der Vater des Opfers, unaufhörlich mit dem Fall, um den Täter zu finden. Die Ungerechtigkeit treibt ihn an, ein kurzer Hoffnungsschimmer durch die technischen Möglichkeiten und dann doch dieser Rückschlag. Von Möhlmann glaubt jedoch daran, dass sich dieses Gesetz ändern und die Technik ihm und seiner verstorbenen Tochter endlich den gerechten Frieden geben wird. Der inzwischen 74-Jährige kann kaum glauben, dass der Mörder seiner Tochter ein zufriedenes Leben mit seiner Familie führt, auch wenn dieser strafrechtlich als unschuldig gilt. Den Bewohnern der Stadt ist der Fall bekannt, alle kennen den Mörder. Eine Petition gegen den umstrittenen Paragraphen im Internet, die von Möhlmann initiiert hat, erlangte Zustimmung von über 100.000 Bürgern, aber das Justizministerium wies das Anliegen ab.

Späte Gerechtigkeit vielleicht doch nicht verloren?

Der neue Koalitionsvertrag 2018 zwischen CDU, CSU und SPD könnte die Hoffnungen des Vaters endlich erfüllen, falls die Koalition denn so zustande kommt. So heißt es in Zeile 5870 des aktuellen Vertrags, dass „die Wiederaufnahme zuungunsten der oder des freigesprochenen Angeklagten in Bezug auf die nicht verjährbaren Straftaten“ erweitert werden soll. Dies würde bedeuten, dass neugewonnene Beweise wie im Fall der DNS-Analyse verwertbar werden und auch Opfer lange abgeschlossener, aber möglicherweise falsch beurteilter Fälle Hoffnung auf Gerechtigkeit haben könnten. Dann kann Hans von Möhlmann endlich seinen Frieden finden und der wahre Täter seiner gerechten Strafe zugeführt werden.