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An diesem Tag im Jahr 2012 wurden 16 Mitglieder einer abtrünnigen Amish-Gruppe in Ohio wegen Hassverbrechen und Verschwörung verurteilt. 

Sie hatten gewaltsam Bärte und Haare von anderen Amischen abgeschnitten, mit denen sie religiöse Differenzen hatten. Die Regierung klassifizierte die skrupellose Tat als Hassverbrechen, weil Bärte und lange Haare bei den Amischen wichtige religiöse Symbole darstellen. Die Amischen sind bekannt für ihren Pazifismus, ihren einfachen Kleidungsstil und ihre Ablehnung vieler Formen moderner Technologie. Die verurteilten Männer und Frauen gehörten zu einer Gruppe von ungefähr 18 Familien, die auf einer drei Quadratkilometer großen Farm lebten, die ihrem Führer Samuel Mullet Senior gehörte. Sie lag in der Nähe von Bergholz, im US-Bundesstaat Ohio, circa 60 Kilometer südöstlich von Cleveland.

 

Mullet war ein Amish-Bischof und Vater von 18 Kindern. Er steckte hinter den Angriffen im Jahr 2011 gegen andere Amish-Angehörige, die er als Feinde seiner ultrakonservativen Splittersekte ansah. In die fünf einzelnen Angriffe waren neun Personen verwickelt. Angst machte sich in den Amish-Gemeinschaften in Ohio breit. In Ohio leben circa 60.000 Amish-People. Die Täter, die teilweise Scheren schwangen, die für Pferdemähnen gedacht waren, hielten ihre Opfer fest und verletzten in einigen Fällen diejenigen, die ihnen zu Hilfe kamen. Nach dem Angriff machten sie Fotos, um die Opfer noch mehr zu demütigen. Die Amischen lösen Konflikte normalerweise selbst, ohne die Polizei einzuschalten. Mehrere Opfer der Bartschneideattacke wandten sich aber an die Polizei, weil sie Angst hatten, dass Mullet eine Sekte betrieb. Mullet (der selbst nicht direkt an den Angriffen teilnahm) und eine Gruppe seiner Anhänger wurden Ende 2011 festgenommen.

 

Ende August 2012 kam ihr Fall vor Gericht. Es war der erste Fall in Ohio, bei dem ein Bundesgesetz von 2009 angewendet wurde – der Matthew Shepard and James Byrd Jr. Hate Crimes Prevention Act. Er gab der Regierung stärkere Macht, Verbrechen aus Fanatismus zu verfolgen. Während des Prozesses behaupteten die Täter, dass Mullet glaubte, über dem Gesetz zu stehen und dass er seine Anhänger in einer sektenähnlichen Herrschaft streng kontrollierte. Unter anderem zensierte er ihre Post, erlegte Erwachsenen Strafen auf wie Schläge und Einsperren in Hühnerkäfigen. Die Staatsanwaltschaft präsentierte außerdem Zeugenaussagen, die besagten, dass Mullet verheiratete weibliche Anhängerinnen zu Sex gezwungen habe unter dem Vorwand der Eheberatung. Die Verteidiger riefen keine Zeugen auf und bestritten nicht, dass das Bart- und Haarabschneiden stattgefunden hatte. Sie sagten allerdings, dass die Taten nur Angriffe waren, die nicht in den Bereich von Hassverbrechen fielen, weil sie auf einem persönlichen Streit beruhten und nicht auf religiösen Motiven. Die Verteidigung behauptete außerdem, dass das Scheren aus Mitleid geschah, um die Opfer davon zu überzeugen, wieder zu einer strengeren Amish-Lebensweise zurückzukehren.

 

Am 20. September 2012 wurde der 66-jährige Mullet gemeinsam mit drei seiner Söhne, einer Tochter und elf weiteren Anhängern verurteilt. Am 8. Februar 2013 verurteilte ein Bundesrichter in Cleveland Mullet zu 15 Jahren Haft. Seine Mitangeklagten erhielten Gefängnisstrafen zwischen einem und sieben Jahren.