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Ende 2017 saßen in Deutschland 64.351 Menschen im Gefängnis. Die wenigsten von ihnen verbüßen lebenslange Haftstrafen, der deutsche Vollzug ist auf Resozialisierung ausgelegt. Doch Gewalt, Drogen und teilweise als menschenunwürdig befundene Unterbringung machen den Häftlingen das Leben hinter Gittern schwer. Eine Bestandsaufnahme zu den Zuständen in den deutschen Vollzugsanstalten. 

 

Platzmangel 

Der Knast ist voll. Die deutschen Gefängnisse platzen stellenweise aus den Nähten. In Baden-Württemberg liegt die Auslastung der Haftanstalten beispielsweise bei bis zu 100 Prozent und auch andere Bundesländer haben ähnlich hohe Zahlen zu verzeichnen. Das führt dazu, dass Zellen mehrfach belegt werden oder Insassen in zu kleinen Hafträumen untergebracht werden, die teilweise keine abgetrennten Toiletten haben.  

Unhygienische Zustände

Wegen der Überbelegung kommt es zu oftmals schlimmen hygienischen Zuständen. In einer Jugendstrafanstalt in Berlin deckte ein Bericht der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter auf, unter welchen Umständen die Insassen dort lebten. So waren die Toilette sowie der Trinkwasserspender verdreckt und die Matratzen von Flecken und toten Insekten übersehen. 

In Nordrhein-Westfalen gab es dazu sogar eine Klage seitens der Häftlinge, die das Bundesland aufgrund der menschenunwürdigen Zustände im Knast vor Gericht stellten – mit Erfolg. NRW musste über die vergangenen zehn Jahre über drei Millionen Euro Entschädigungszahlungen leisten. 

Personalmangel

Diese Überbelegung hat auch Auswirkungen auf den Personalbedarf, jedoch sind insgesamt 2.000 Stellen bundesweit unbesetzt. Die Strafvollzugsbeamten sind in der Minderheit, auf einen Wärter kommen in der Regel 2,5 Insassen. In Bayern sind es sogar 3. Das hat seine Folgen: Mehrere Bundesländer meldeten erst kürzlich einen Anstieg der Übergriffe auf das Gefängnispersonal. 

Gewalt unter den Insassen

Doch nicht nur die Wärter, sondern auch die Häftlinge selbst sind Angriffen ausgesetzt. 2012 war ein 54-Jähriger, der in Kassel wegen Bandendiebstahls einsaß, von seinem Zellenmitbewohner getötet worden. Und auch Berichte von Folter in einer Jugendstrafvollzugsanstalt in Hameln schockierten im gleichen Jahr. Vier Gefangene hatten einen gerade einmal 15 Jahre alten Mithäftling über Wochen hinweg gefoltert und schikaniert. 

Bei einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN), bei der Häftlinge oder Ex-Häftlinge befragt wurden, gaben ein Viertel der Männer und Frauen sowie fast die Hälfte der Jugendlichen an, im Gefängnis Opfer körperlicher Gewalt geworden zu sein.  

Schwarzmarkt und Hierarchie

Ex-Häftlinge berichten öfter, dass es eine klare Rangordnung im Gefängnis gibt und wer sich nicht an diese hält, muss mit Konsequenzen rechnen. Ganz unten seien Sexualverbrecher, die immer wieder Opfer von Übergriffen von anderen Häftlingen würden. Auch wer kein Geld oder keine guten Kontakte, im Knast wie außerhalb, hat, wird schnell zur Zielscheibe. Gleiches gilt für Insassen, die Schulden haben, die sie nicht begleichen können. Denn auch in deutschen Gefängnissen gibt es einen florierenden Schwarzmarkt, auf dem neben Kaffee und Tabak auch harte Drogen gekauft werden können.