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Peter Hugh McGregor Ellis (1958–2019) war ein neuseeländischer Kinderbetreuer, der im Zentrum eines der umstrittensten Justizfälle des Landes stand. Der sogenannte Christchurch Civic Crèche-Fall führte nicht nur zu einer jahrelangen Haftstrafe für Ellis, sondern war auch Auslöser für eine anhaltende gesellschaftliche und juristische Debatte über Ermittlungsmethoden, Massenhysterie und die Verlässlichkeit kindlicher Zeugenaussagen.

 

Die Anklage

Im Jahr 1991 wurde Ellis, ein Mitarbeiter der städtischen Kindertagesstätte in Christchurch, von mehreren Eltern beschuldigt, ihre Kinder sexuell missbraucht zu haben. Die Anschuldigungen wurden bald ausgeweitet und nahmen zunehmend bizarre Züge an: Kinder berichteten von satanischen Ritualen, Käfigen, Masken und sogar davon, in Öfen gesteckt worden zu sein – Aussagen, die stark an die zur gleichen Zeit weltweit verbreitete Satanic Panic erinnerten.

1993 wurde Ellis in 16 Fällen wegen sexuellen Missbrauchs an sieben Kindern verurteilt und zu zehn Jahren Haft verurteilt. Drei der Anklagepunkte wurden kurz darauf in der Berufung fallengelassen – die übrigen jedoch bestätigt.

 

Kritik am Verfahren

Der Fall erregte landesweit und international Aufmerksamkeit – nicht nur wegen der Schwere der Vorwürfe, sondern wegen der zweifelhaften Art der Ermittlungen:

  • Suggestive Befragung von Kindern: Zahlreiche Experten kritisierten die Art und Weise, wie die Kinder befragt wurden. Die Interviews seien stark beeinflusst gewesen, was die Aussagen unzuverlässig mache.
  • Elterlicher Druck und mediale Hysterie: Eltern und Medien hätten zur Eskalation beigetragen, was in einer Art kollektiver Panik mündete.
  • Fehlende physische Beweise: Trotz schwerwiegender Vorwürfe konnten keine materiellen Beweise für die Taten gefunden werden.

Mehrere unabhängige Untersuchungen und Petitionen forderten eine Überprüfung des Falls – unter anderem unterstützt von Juristen, Wissenschaftlern und Bürgerrechtsgruppen.

 

Die Geschichte von Peter Ellis

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Eine späte Rehabilitierung

Ellis verbrachte sieben Jahre im Gefängnis und wurde 2000 entlassen. Er blieb bis zu seinem Tod im Jahr 2019 dabei, seine Unschuld zu beteuern. Noch zu Lebzeiten wurde eine erneute Berufung vor dem Obersten Gerichtshof Neuseelands eingeleitet.

Im Oktober 2022 – drei Jahre nach seinem Tod – hob das höchste Gericht Neuseelands alle Schuldsprüche gegen Peter Ellis offiziell auf. In seiner Begründung erklärte das Gericht, dass die Urteile auf fehlerhaften Aussagen und einem unzuverlässigen Verfahren basierten. Es war das erste Mal in der Geschichte Neuseelands, dass ein Schuldspruch posthum vollständig aufgehoben wurde.

 

Bedeutung und Vermächtnis

Der Fall Peter Ellis ist heute ein Sinnbild für die Gefahren von moralischer Panik, fehlerhaften Ermittlungspraktiken und vorschnellen Urteilen. Er hat maßgeblich zur Reform von Befragungsmethoden bei Kindern beigetragen und bleibt ein Mahnmal für die Notwendigkeit rechtsstaatlicher Sorgfalt – gerade in Fällen, die emotional besonders aufgeladen sind.

Ellis' posthume Rehabilitierung war nicht nur ein juristischer Akt, sondern auch ein symbolisches Eingeständnis für ein Justizsystem, das zu lange an einem fragwürdigen Urteil festhielt.
 

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